Vogler Quartett
Foto: Marco Borggreve

    Tim Vogler, Violine

    Frank Reineck, Violine

    Stefan Fehlandt, Viola

    Stephan Forck, Violoncello

     

Vogler Quartett

Dazu ein Porträit von Arnt Cobbers (für concerti Media GmbH Hamburg)

Das Vogler Quartett ist eine feste Größe (nicht nur) im Berliner Musikleben. Vier Mal im Jahr präsentieren die vier Musiker im Kleinen Saal des Berliner Konzerthauses am Gendarmenmarkt Höhepunkte und Raritäten der Quartettliteratur, manchmal auch unterstützt von illustren Gästen, Quintette und Sextette. „Das hält uns ganz schön auf Trab“, sagt Tim Vogler. „Über Jahrzehnte hinweg vier Programme im Jahr zu spielen – da kommen eine Menge Stücke zusammen.“

Vogler, erster Geiger des Quartetts, ist noch immer Feuer und Flamme für die Königsgattung der Kammermusik. Wenngleich er auch freimütig über die Probleme im Leben eines Profiquartetts spricht. „Das Publikum schrumpft, und zugleich kommen immer mehr junge Quartette auf den Markt.“

Tim Vogler, Frank Reinecke und Cellist Stephan Forck waren schon als Schüler am heutigen CPE-Bach-Gymnasium befreundet, Bratschist Stefan Fehlandt stieß 1985 im Studium hinzu. „Natürlich fanden wir das Quartettspiel toll, aber es hatte auch praktische Vorteile: Der normale Weg in der DDR war, nach dem Studium ins Orchester zu gehen, aber das war uns zu unflexibel. Und wir wollten reisen.“ 1986 bekamen sie erst im letzten Moment ihre Reisepässe, um beim Wettbewerb im französischen Evian zu spielen. Und sie gewannen! „So werden sich auch die Griechen gefühlt haben, als sie Fußball-Europameister wurden. Mit einem Schlag änderte sich alles.“ Trotz eines zeitweiligen Ausreiseverbots, weil sie ein Werk des Dissidenten Ligeti gespielt hatten, begann eine steile Karriere, die die Voglers rasch in alle Welt führte.

Weil sie auch in Berlin regelmäßig präsent sein wollten, gründeten sie 1993 ihre eigene Konzertreihe, als Kooperation mit dem Konzerthaus. Inzwischen sind eine weitere Reihe in Neubrandenburg, eigene Festivals in Homburg und im irischen Sligo sowie die Kindermusiktage in Kassel hinzugekommen. „Diese Regelmäßigkeit bindet das Publikum,“ sagt Vogler, „Aber insgesamt hat das Streichquartett schon einen schweren Stand. Das traditionelle Publikum wird älter und älter. An manchen Orten wächst ein neues nach, an anderen nicht. Hinzu kommt: Das Quartett ist eine spezielle Kunstform, die ein gewisses Grundverständnis zum wirklichen Genuss voraussetzt. Wer sonst laute Musik gewöhnt ist, muss sich einhören. Auf diese gewandelte Qualität des Publikums müssen wir Musiker reagieren.“

Einen farbigen Quartettabend zu gestalten, ist gar nicht so einfach, die Werke haben „fast immer denselben Ablauf: vier Sätze, schnell, langsam, Menuett, schnell. Da braucht es Ideen, wie man dem Publikum entgegenkommen kann, ohne populistisch zu sein. Ein Quartettabend muss nicht hehr und ernst sein.“ Die Antwort auf die Frage nach einem Lieblingswerk ist folgerichtig: das erste Quartett von Erwin Schulhoff. „Kinder und Erwachsene reagieren darauf begeistert. Es ist anspruchsvolle Musik, die auch nicht abflacht, wenn man sie 20 mal gespielt hat. Aber sie ist spielfreudig, mitreißend, emotional, eine bildhafte Musik.“ Auch neue Musik spielt eine gewichtige Rolle im Repertoire der Voglers, zahlreiche Werke von Kagel, Widmann, Rihm u. a. haben sie uraufgeführt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Kammermusik Antonin Dvořáks, die sie für das Entdeckerlabel cpo einspielen: „Das sind allein 16 Streichquartette, und es gibt viele Kleinode zu entdecken – eine schöne Aufgabe.“

Zudem unterrichten sie an den Hochschulen in Berlin, Frankfurt, Leipzig, Stuttgart und Dublin und geben Meisterkurse für professionelle Quartette in Europa und Übersee. „Alles unter einen Hut zu bekommen: Quartettspiel, Unterricht, Familie, ist schwer. Man hat fast jedes Wochenende Konzerte, muss sich immer fit halten, das ist psychologisch anstrengend.“ Manchmal nehmen sie sich frei vom Quartett, doch „Freunde sind wir noch immer.“ Und vier eigenständige Persönlichkeiten.

„Das letzte, was ich will“, sagt Tim Vogler, „ist: nur homogen klingen. Das muss ein junges Quartett, um zusammenzufinden. Aber das Ideal ist, dass jeder so individuell spielt wie möglich. Und dass man dennoch die gemeinsame Idee hört, die dahintersteht. Am schönsten ist es, wenn der Körper quasi von selbst spielt und man geistig frei wird für die Gestaltung. Die Interaktion, die dann entstehen kann, ist wie eine Improvisation zu viert – und das kann Glücksgefühle auslösen.“