
Einführung: Internationale Kammermusiktage Homburg
„Die Zypressen beschäftigen mich dauernd, … es wundert mich, daß man sie noch nicht gemalt hat, wie ich sie sehe. In den Linien und Proportionen so schön wie ein ägyptischer Obelisk. Und das Grün ist so ein ganz besonders feiner Ton. Es ist der schwarze Fleck in
einer sonnenbeschienenen Landschaft, aber es ist einer der interessantesten schwarzen Töne, doch ich kann mir keinen denken, der schwieriger zu treffen wäre.“ (Vincent van Gogh an seinen Bruder Theo)
Liebe Kammermusikfreunde!
das Eröffnungswerk in diesem Jahr ist titelgebend für das gesamte Festival.
Antonín Dvoraks „Zypressen“, von denen eine Auswahl erklingt, sind Liebeslieder für Gesang und Klavier aus seiner Jugend. Er hat sie 22 Jahre später für Streichquartett bearbeitet und damit vom ursprünglichen Geschehen, einer nicht erwiderten Zuneigung, abgekoppelt. Nun, mit Lebenserfahrung, sind die Stücke sublimierte Stimmungsbilder, sie sind bearbeitet und verarbeitet. Es sind musikalische Kostbarkeiten, Farben des Lebens in Miniaturen.
Vincent van Goghs Zypressen gehören zu den berühmtesten Bäumen der Kunstgeschichte. Etwa 40 Gemälde entstanden im Verlaufe von zwei Jahren.
Das Metropolitan Museum New York schreibt: „Sie waren das auffälligste und symbolträchtigste Objekt der provenzalischen
Landschaft für den niederländischen Künstler. Mit den langlebigen, robusten Bäumen gingen nicht nur jahrhundertealte Assoziationen mit Tod, Wiedergeburt und Unsterblichkeit einher, sondern sie dienten auch seit Jahrtausenden als Wächter und Beschützer einer von heftigen Mistralwinden heimgesuchten Region. Van Gogh entwickelte eine tiefe Wertschätzung für die Zypressen als Symbole für dauerhafte und tröstende Aspekte der Natur.“
In diesem Kontext ist der Titel unseres Festivals die Klammer für ein Programm, wie man es sich farbiger und vielschichtiger kaum vorstellen kann.
Die Liste unserer Gäste ist ebenso beeindruckend. Wir freuen uns auf das Malion Quartett. Es ist zum zweiten Mal dabei, eindeutig nicht mehr als Nachwuchsensemble, sondern als außerordentlich erfolgreiches Streichquartett mit ganz eigenem Profil. Für ihr spannendes Elvis Costello - Projekt ist Karsten Schmidt-Hern der Partner, er ist sowohl im klassischen Lied als auch in Musical, Jazz und Pop zuhause.
In diesem Jahr ist Karidion Brass unser junges Ensemble in Homburg. Die Musiker repräsentieren süddeutsche Blechbläsertradition in feinster Ausprägung und bieten ein Programm vom Barock bis zur Moderne, zum Teil selbst arrangiert.
Den Pianisten Oliver Triendl besonders herzlich willkommen zu heißen sei mir gestattet, ist er doch nicht nur langjähriger Kammermusikpartner und Freund, sondern auch in Homburg quasi zu Hause.
Alle zusammen freuen wir uns auf eine prall gefüllte musikalische Woche mit Altem und Neuem, mit Begegnungen und Austausch, nicht zuletzt auch mit unserem Publikum.
Im Eröffnungskonzert erklingt als Schlussstück Robert Schumanns Klavierquintett, den Abschluss des Festivals bildet das Streich-
oktett von Felix Mendelssohn Bartholdy.
Was für ein Rahmen! Und innerhalb dessen könnte es vielfältiger nicht sein.
Peteris Vasks schreibt Klangmusik im besten Sinn, sie ist meditativ, spannungsreich und episch.
Joseph Haydn ist zweimal vertreten, mit dem F-Dur Quartett op. 77 Nr. 2 ist er auf der Höhe seiner Meisterschaft, schöpft aus dem Vollen. Es ist sein letztes vollendetes Quartett. Weiterhin erklingt „Arianna a Naxos“. Der antike Mythos war beliebter Opernstoff, Haydn hat ihn als Kantate für Sopran und Klavier vertont.
Erich Wolfgang Korngold ist auch als Filmkomponist bekannt, hat aber Einiges an Kammermusik geschrieben. Er vereint üppige Klanglichkeit mit modernen Elementen und Wiener Jugendstil, seine Musik ist ausgesprochen farbig und stilistisch wandelbar.
Das Klavierquintett von Alfred Schnittke entstand im Andenken an seine Mutter, stilistisch findet er eine feine Balance zwischen traditioneller Tonalität und Neuem. Er selbst bezeichnet das als „Polystilistik“.
Franz Schuberts Quartettsatz in c-Moll ist ein singuläres Werk, einzigartig in der Kombination von Lyrik und Dramatik an der Schwelle zu seinen späten Kompositionen. Auf die unvollendeten Skizzen zu einem zweiten Satz, das Andante blieb Fragment, bezieht sich die Komposition von Sarah Nemtsov auf sehr persönliche Weise.
Mit Ottorino Respighi sind wir sind wieder bei den Farben des Südens. „Il Tramonto“ ist ein Poem über den Sonnenuntergang,
ein Werk zwischen Nacht und Licht, Tod und Leben.
Claude Debussys „Trois Chansons de Bilitis“ sind die Vertonung einer Literaturfälschung. Das Thema der Texte ist die weibliche Erotik. Sie beschreiben den Lebensweg der fiktiven Dichterin Bilitis.
Das „Chanson perpétuelle“ von Ernest Chausson wurde 1898 komponiert und ist harmonisch und in seiner orchestralen Klangfülle tief im romantischen 19. Jahrhundert verhaftet.
Wolfgang Amadeus Mozarts Weg zum Streichquartett begann in Italien. Nach den „Mailänder Quartetten“ ist das KV 168 in F-Dur des erste der sogenannten „frühen Wiener Quartette“.
Gabriel Fauré vollendete sein Klavierquartett c-Moll op. 15 im Jahre 1883. Formal an die deutsche Romantik angelehnt ist es an Einfallsreichtum, Klangraffinesse und rhythmischem Schwung nicht zu überbieten.
Kammermusik hat Gustav Mahler, mit Ausnahme des Fragments eines Klavierquartettsatzes, nicht geschrieben. Auf die Entdeckung des arrangierten Adagietto aus seiner 5. Sinfonie freuen wir uns sehr.
Alberto Ginastera ist einer der wichtigsten Komponisten Argentiniens. Er sah seine Aufgabe darin, auf der Basis von Melodik und Harmonik der Volksmusik eine eigenständige Musiksprache zu entwickeln. Sein 1. Streichquartett ist ein wunderbares Beispiel dafür.
Nun aber genug der Beschreibungen. Wichtig ist es mir noch, die erneute Kooperation mit den Homburger Meisterkonzerten zu erwähnen. Vielen Dank dafür!
Weiterhin muss das Schulkonzert genannt werden, das in diesem Jahr in der Robert-Bosch-Schule Homburg stattfindet.
Ich wünsche uns allen anregende Konzerte und Begegnungen!
Herzlichst, für das Vogler Quartett
Ihr Stefan Fehlandt